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Muttertag: Wie es ist, wenn Mama tot ist

Muttertag: Wie es ist, wenn Mama tot ist
Foto:  Riccardo Mion / Unsplash

Plötzlich starb Marlenes Mutter. Für die damals 18-Jährige änderte sich alles. Auf ZiSH erzählt sie, wie sie gelernt hat, mit der Trauer zu leben – und wie sich Muttertag ohne sie anfühlt.


„Hast du schon ein Geschenk für deine Mama?“ Mit dieser Frage aus einer Werbemail erinnert ein Online-Versand Marlene* an den Muttertag. Gleich darauf werden ihr potenzielle Geschenkideen vorgeschlagen: Schmuck, Blumen und Karten. Für Marlene sind der Muttertag und die Zeit davor eine Belastungsprobe. Denn wenn sie ihrer Mutter einen Blumenstrauß überreichen möchte, besucht sie das Grab ihrer Mama in ihrer Heimatstadt Hannover.

EIN HAUS VOLLER ERINNERUNGEN

Marlene ist gerade 18 Jahre alt, als ihre Mutter an einer Krebserkrankung stirbt. Das ist mittlerweile über drei Jahre her. Dass sich der Krankheitsverlauf so schnell verschlimmern und tödlich enden würde – damit hatte damals niemand gerechnet. „Mamas Tod kam überraschend. Und dann waren wir auf einmal nur noch zu dritt“, erklärt sie. Jeder Raum in ihrem zuhause erinnerte Marlene, ihren jüngeren Bruder und ihren Vater an die riesige Lücke, die die Mutter in der Familie hinterlassen hatte. Besonders die kleinen und alltäglichen Erinnerungsschübe waren am Anfang kräftezehrend: Schon der Blick auf den leeren Stuhl im Esszimmer konnte Marlene und ihre Familie unerwartet aus der Bahn werfen. Doch durch die geteilte Trauer rückte die Familie näher zusammen. „Ohne meinen Bruder und meinen Papa hätte ich das nicht geschafft. Wir sind ein tolles Team“, sagt Marlene heute stolz.

Trotz der engen Verbundenheit der Familie kommen auch heute immer wieder Tage, an denen Marlene mit dem Verlust kämpfen muss: „Die Trauer über die verstorbene Mama ist nichts, was sich jemals überwinden lässt“.
Psychologinnen wie Verena Kast unterteilen den Trauerprozess in unterschiedliche Phasen. Demnach müssen sich Trauernde durch einzelne Bewältigungsepisoden kämpfen, bis schließlich der Verlust akzeptiert werden kann und zu einer Anpassung an das Erlebte führt.

Bewusst hat Marlene diese einzelnen Phasen nicht erlebt. „Trauer hat für mich keinen Ablauf, der auf ein bestimmtes Muster übertragen werden kann.“ Jeder Tag entscheidet aufs Neue, wie sie die Trauer empfindet und wie gut sie diese bewältigen kann. Dabei kann schon ein Lied im Radio Erinnerungen wecken. An manchen Tagen bringt sie das zum Weinen, an anderen zum Lächeln.
Ein wichtiger Schlüsselmoment, um in einen normalen Alltag zurückzukehren, war Marlenes Auszug. Über 500 Kilometer zog sie fort in ihren neuen Studienort. „Dieser Schritt war besonders herausfordernd, weil ich mein zuhause stark mit Mama verbunden habe“, erklärt Marlene. Die Heimat zurückzulassen war deshalb gleichzeitig schwierig und hilfreich. So hatte sie die Chance, neue, glückliche Momente zu sammeln, die sie nicht ständig mit dem Verlust konfrontierten. „Das letzte, was meine Mutter wollte, war, dass ich dauerhaft in ein Trauerloch falle“, so Marlene.

„IMMER EIN HANDICAP“

Eine weitere Herausforderung stellen auch heute noch neue Bekanntschaften dar. Sobald Menschen in ihr Leben treten, empfindet sie es als schwierig, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um den Tod ihrer Mutter anzusprechen. „Wenn du so einen Verlust erlitten hast, hast du immer eine Art Handicap“, sagt Marlene. „Du hast immer ein Thema, bei dem du nach dem passenden Moment suchen musst, um es mitzuteilen. Das ist nicht leicht.“ Oftmals wolle sie die Stimmung nicht vermiesen und sei sich unsicher, ob sie diese verletzliche Seite überhaupt mit ihrem Gegenüber teilen möchte.
Schon bald steht Marlenes Bachelorabschluss an. Ein Ereignis, auf das sich viele Studierende freuen. Für sie ist ihr erster beruflicher Abschluss mit Sorgen verbunden. „Gerade solche Tage möchte jeder mit seinen Liebsten teilen“, erklärt sie. Doch im Kreis ihrer Liebsten fehlt jemand. Dass ihre Mutter auch in Zukunft an den wichtigen Lebensabschnitten, etwa an ihrer Hochzeit, nicht teilhaben wird, macht sie traurig.
Für sie ist es daher wichtig, dass andere sich darüber bewusst werden, ihre Mütter und Väter nicht nur an Tagen wie dem Mutter- und Vatertag wertzuschätzen. „Ein Tag im Jahr ist nicht genug, um sich ausreichend bei den Eltern zu bedanken“, so Marlene. *Name geändert

Von Nina Hoffmann


Über den Autor/die Autorin:

Nina Hoffmann

Nina (24) studiert Soziologie und kennt somit alle Sprüche über eine Karriere als Taxifahrerin. Statt an ihren Fahrkünsten zu feilen, liest sie lieber Texte über Gender-Fragen und Emanzipation - oder noch besser: Die dazugehörigen Kommentare der Facebook-Nutzer/innen.

1 Kommentar

  1. Bei mir war es fast genau so. Meine Mama litt zwar schon Jahre davor an Krebs aber nie hätten wir gedacht das es dann vorbei sein könnte als es so weit war. All die Jahre wurde uns die Hoffnung in unsere Hände gelegt nur um sie uns dann jedes Mal aufs Neue aus dieser zu reißen. Es ist schwer, jeder Tag! Aber ich denke an jeden der auch sehr früh ein Elternteil verloren hat, irgendwie schaffen wir das schon!

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